Jörg König, Tim Meyer
Berlin, 2023 | Umfang: 4 Seiten |
Dateigröße: 154 KB |
Die Europäische Zentralbank (EZB) wähnt sich auf einem guten Weg, die hohe Inflation im Euroraum hinter sich zu lassen und hat deshalb die Zinssteigerungen im Oktober 2023 nach zehn Anhebungen in Folge ausgesetzt. Gleichzeitig werden die Rufe nach einer geldpolitischen Lockerung lauter. Vor allem die Regierungen hochverschuldeter Staaten sehnen sich zurück nach niedrigeren Anleihezinsen, um sich fiskalpolitisch nicht stark einschränken zu müssen. Zudem wächst angesichts der konjunkturellen Eintrübung der Druck auf die EZB, die Zinsen bald wieder zu senken. Die EZB vernachlässigt in ihrer Entscheidungsfindung jedoch grundlegende monetäre Parameter. Die im Jahr 2008 eingeführte Vollzuteilungspolitik bei der Banken-Refinanzierung sowie die massiven Anleihekäufe durch das Eurosystem haben in den vergangenen Jahren zu einer Aufblähung der EZB-Bilanz und zum Aufbau einer hohen Überschussliquidität geführt, die einen Nährboden für weitere inflationäre Entwicklungen bildet. Dieses monetäre Risiko wird von der EZB in der geldpolitischen Praxis allerdings nahezu vollständig ausgeblendet. Die EZB sollte deshalb über einen forcierten Bilanzabbau und eine Abkehr von der Vollzuteilungspolitik ein möglichst rasches Abschmelzen der Überschussliquidität herbeiführen. Für eine nachhaltige Inflationsbekämpfung und zur Wahrung der Unabhängigkeit der EZB darf die Geldpolitik nicht durch fiskalische Motive geleitet werden. Die bestehenden EU-Fiskalregeln sollten daher nicht weiter verwässert, sondern konsequent angewendet werden.
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