Argumente zu Marktwirtschaft und Politik Nr. 146

Ehrbarer Staat? Die Generationenbilanz

Fokus: Pflegefall Pflegeversicherung?

Tobias Kohlstruck, Gerrit Manthei, Bernd Raffelhüschen, Stefan Seuffert

Berlin, 2019 Umfang:
24 Seiten
Dateigröße:
452 KB
ISSN:
1612 – 7072

Die aktuelle Nachhaltigkeitslücke aus impliziten und expliziten Schulden beläuft sich auf 225,8 Prozent des BIP und ist damit im Vergleich zum Vorjahr deutlich um etwa 80 Prozentpunkte gestiegen. Da die expliziten Schulden sich auf nur 60,9 Prozent des BIP belaufen, werden nur 27,0 Prozent der Gesamtverschuldung offen ausgewiesen. Mit 164,8 Prozent des BIP wiegen die heute noch nicht direkt sichtbaren impliziten Schulden deutlich schwerer. In ihnen spiegeln sich die bei Fortführung des Status quo entstehenden ungedeckten Ansprüche heute und zukünftig lebender Generationen gegenüber dem Staat wider. Um diese Lücke zwischen den zukünftigen öffentlichen Ausgaben und Einnahmen zu schließen, müssten entweder alle Steuern und Abgaben um 9,9 Prozent erhöht oder die staatlichen Ausgaben um 8,4 Prozent verringert werden.

Besonderes Augenmerk wurde im diesjährigen Update der „Bilanz des ehrbaren Staates“ auf die Soziale Pflegeversicherung (SPV) gelegt – sowohl im Rückblick auf die in den letzten Jahren umgesetzten weitreichenden Reformen als auch hinsichtlich der Herausforderungen aufgrund des voranschreitenden demografischen Wandels. Die Berechnungen zeigen, dass die in den zurückliegenden Jahren beschlossenen Leistungsausweitungen die Nachhaltigkeitslücke der SPV drastisch vergrößern. Um diese über steigende Beiträge zu schließen, ist im schlimmsten Fall ein Beitragssatzanstieg von heute 3,05 Prozent auf über 8 Prozent im Jahr 2060 notwendig. Aber auch unter günstigeren Umständen müsste der SPV-Beitragssatz langfristig auf über 5 Prozent steigen.

Vor diesem Hintergrund sollte eine Begrenzung der fiskalischen Zukunftslasten eigentlich höchste Priorität haben, beispielsweise durch die Einführung einer Karenzzeit und somit einer stärkeren Betonung der Subsidiarität. Stattdessen diskutieren Politik und Interessengruppen über einen sogenannten „Sockel-Spitze-Tausch“, und damit über eine Vollversicherung mit begrenztem Eigenanteil, der zu einem weiteren Anstieg der Nachhaltigkeitslücke zu Lasten der jüngeren Generationen führen würde.

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