Argumente zu Marktwirtschaft und Politik Nr. 152

Ehrbarer Staat? Die Generationenbilanz – Nachhaltigkeit im Schatten der Corona-Pandemie

Lewe Bahnsen, Tobias Kohlstruck, Gerrit Manthei, Bernd Raffelhüschen, Stefan Seuffert, Florian Wimmesberger

Berlin, 2020 Umfang:
24 Seiten
Dateigröße:
623 KB
ISSN:
1612 – 7072

In dieser 14. Aktualisierung der „Bilanz des ehrbaren Staates“ werfen die Stiftung Marktwirtschaft und das Forschungszentrum Generationenverträge der Universität Freiburg einen ungeschminkten Blick auf die langfristige Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen. Für das Update 2020 beläuft sich die aktuelle Nachhaltigkeitslücke aus expliziten und impliziten Schulden auf 11,9 Billionen Euro oder 345,0 Prozent des BIP. Davon entfällt auf die explizite, d.h. sichtbare Verschuldung ein knappes Fünftel (17,3 Prozent) – weniger Schuldentransparenz war nie. Deutlich schwerer wiegt die implizite, d.h. unsichtbare Verschuldung, die sich auf 285,2 Prozent des BIP beläuft. In ihr spiegeln sich die bereits erworbenen und bei Fortführung des Status quo noch entstehenden ungedeckten Ansprüche heutiger und zukünftig lebender Generationen gegenüber dem Staat wider. Um dieses langfristige Missverhältnis zwischen öffentlichen Ausgaben und Einnahmen zu beseitigen, müssten entweder alle Einnahmen um 15,8 Prozent erhöht oder die Ausgaben um 12,7 Prozent gesenkt werden.

Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Nachhaltigkeitslücke um 126,2 Prozentpunkte erhöht, was überwiegend auf die Corona-Pandemie zurückzuführen ist: Ihr Beitrag zum Anstieg der staatlichen Gesamtverschuldung liegt bei 109,3 Prozentpunkten des BIP. Dabei zeigt sich auch, dass der Anstieg der Nachhaltigkeitslücke vor allem bei den Gebietskörperschaften zu verorten ist, während die Sozialversicherungen aufgrund der Annahme, dass sich der Arbeitsmarkt mittelfristig wieder erholen wird, weniger stark betroffen sind. Eine Ausnahme bildet die Gesetzliche Rentenversicherung, bei der rentenpolitische Entscheidungen der Vergangenheit nun nachteilig zum Tragen kommen. Die im Jahr 2007 eingeführte Schutzklausel („Rentengarantie“) beinhaltet einen Nachholfaktor, der im Jahr 2018 vorläufig ausgesetzt wurde. Damit wurde sichergestellt, dass bis ins Jahr 2025 negative Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt nicht an die Rentner weitergegeben werden. In der damals nicht vorhersehbaren Corona-Pandemie bewirkt der fehlende Nachholfaktor nun, dass die Rentner nicht an negativen Lohnentwicklungen beteiligt werden, aber von potenziellen Erholungseffekten profitieren, was eine fortschreitende Entsolidarisierung zwischen Alt und Jung zur Folge hat.

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