20. August 2013

Veränderungsblockade durch Demografie und Einzelinteressen?

Viele Anzeichen der jüngsten Protestbewegungen in Deutschland deuten auf eine Misstrauensgesellschaft: Die Umfrageergebnisse bei der Protestbewegung am Frankfurter Flughafen offenbaren eine bedenkliche Tendenz zur Aberkennung der Legitimation der Institutionen und Akteure des politischen Systems bei den Befragten. Eigene Interessen werden oft absolut gesehen, alles andere bei geringer Kompromissbereitschaft als „Partikularinteressen“ abgetan.

 

Lokale Großinvestitionen in Infrastrukturmaßnahmen haben jüngst in Deutschland großen öffentlichen Protest hervorgerufen. Neben dem bekanntesten Beispiel „Stuttgart 21“ sind die Entwicklungen an den Flughäfen in München, Berlin und Frankfurt zu nennen. In der Öffentlichkeit wird solcher Protest trotz ggf. wirtschaftlicher und struktureller Notwendigkeit der Großinvestitionen oft mit dem Phänomen der „Wutbürger“ assoziiert. Die Autoren der heute in Berlin vorgestellten Studie Prof. Dr. Eike-Christian Hornig und JanBernd Baumann M.A. von der Universität Gießen haben in ihrer Analyse des Protestes gegen den Ausbau am Frankfurter Flughafen zwei zentrale Forschungshypothesen untersucht und letztlich bestätigt gesehen:

• Es liegt eine nur begrenzte gesamtgesellschaftliche Repräsentativität der Protestierenden vor (das soziodemografische Profil innerhalb der Protestgruppe lautet verkürzt: älter, hochgebildet, zeitreich, ressourcenstark mit einer politischen Mitte-LinksOrientierung).

• Die Demonstranten weisen Merkmale einer Misstrauensgesellschaft insbesondere gegenüber den Parteien (Manipulationsvorwurf gegenüber der Politik und der Justiz durch „die“ Wirtschaft) auf.

Die Merkmale der so genannten „Misstrauensgesellschaft“ äußern sich insbesondere in Misstrauen und Distanz gegenüber politischen, wirtschaftlichen und medialen Eliten. Darüber hinaus kommt es zum Vorwurf der Ignoranz und Inkompetenz, der Absprache von Legitimation und der Bereitschaft zu Konfrontation bzw. Widerstand gegen repräsentative Institutionen und ihre Entscheidungen. Die Protestbewegung am Frankfurter Flughafen beispielsweise stellt der von Fraport ökonomisch begründeten Alternativlosigkeit des Ausbaus ihre eigene Vorstellung von Alternativlosigkeit gegenüber. Prof. Dr. Michael Eilfort, Vorstand der Stiftung Marktwirtschaft, sieht vor dem Hintergrund der aktuellen politikwissenschaftlichen Debatte und der demografiebedingten Alterung der Bevölkerung zwar auch eine Krise der repräsentativen Politik. Er gibt aber zu bedenken, dass durch „das von den Demonstrationen ausgehende Signal hin zu mehr Besitzstandswahrung und Status quoDenken“ auch die Auswirkungen auf den Standort Deutschland gesehen werden müssen. Dies gelte insbesondere für Wachstumschancen zur Erhaltung unseres Wohlstandes.

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