Jahrestreffen der Stiftung Marktwirtschaft 2021

Prof. Dr. Michael Eilfort, Franz-Peter Falke, Prof. Volker Wieland, Ph.D., Prof. Dr. Theo Siegert, Katharina Dröge MdB, Johannes Vogel MdB und Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen (v.li.).

In seiner Begrüßung der Gäste des Jahrestreffens Anfang September 2021 machte der Vorsitzende des Stiftungsrats, Prof. Dr. Theo Siegert, deutlich, dass aufgrund der durch Corona aufgeworfenen Probleme und des anstehenden Regierungswechsels die Arbeit der Stiftung Markwirtschaft wohl noch nie so wichtig gewesen sei wie heute. Umso mehr danke er den Teilnehmern für ihr Interesse, ihre Unterstützung und ihren Rat, welche es der Stiftung ermöglichten, sich mit ihrer „fröhlichen Penetranz“ und immer treu ihrer Maxime – ökonomisch vernünftig, politisch glaubwürdig und wissenschaftlich begründet – für die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft einzusetzen.

 

 

Prof. Dr. Theo Siegert, Vorsitzender des Stiftungsrats der Stiftung Marktwirtschaft.

 

Besonders freute er sich darüber hinaus, die beiden Abiturienten Pia Futterer und Jannik Knaupp begrüßen zu können, die den von der Stiftung Marktwirtschaft an der Ludwig-Erhard-Schule in Sigmaringen ausgelobten Preis für die beste Abiturleistung im Profilfach Volks- und Betriebswirtschaftslehre in diesem Jahr erhalten haben.

 

 

Die Abiturienten Jannik Knaupp und Pia Futterer (Foto: privat).

Gastrednerin Katharina Dröge MdB.

Die erste Gastrednerin Katharina Dröge MdB, parlamentarische Geschäftsführerin und wirtschaftspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, betonte, dass es darum gehe, in welcher Welt diese Abiturienten und die nachfolgenden Generationen im Jahr 2050 leben werden. Die nächsten Jahre seien entscheidend, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Als Volkswirtin sei sie davon überzeugt, dass Politik dem Markt hier einen Rahmen vorgeben müsse, der zur Internalisierung externer Effekte führt, also das Verursacherprinzip stärker in den Vordergrund rückt.


Der CO2-Preis und das europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS) seien sehr effiziente Instrumente, allerdings könnten sie nur dann genügend Anreize zur Emissionsreduktion setzen, wenn der CO2-Preis eine ausreichende Höhe hätte. Man könne nicht darauf warten, bis der CO2-Preis von allein so weit steige, dass er die erforderlichen Umstellungen marktwirtschaftlich induziere. Darum schlügen die Grünen „Carbon Contracts for Differences“ als ergänzendes Instrument vor. Dabei handele es sich um ein Versicherungsinstrument, das der Staat den Unternehmen anböte. Solange der CO2-Preis nicht ausreichend hoch sei, um klimaneutrale Produktion wettbewerbsfähig zu machen, zahle der Staat die Differenzkosten aus. Ab dem Moment, in dem der CO2-Preis hoch genug sei, endeten die staatlichen Zahlungen und sobald er höher sei, zahle das Unternehmen diese Subventionen zurück.


Wichtig sei laut Dröge zudem die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Es sei nicht egal, ob in Deutschland oder woanders produziert werde. Um eine Abwanderung von Unternehmen und eine Verlagerung von Emissionen in Drittstaaten zu verhindern, plädierte sie dafür, einen CO2-Grenz-ausgleichsmechanismus an den europäischen Außengrenzen zu schaffen und einen Klimaklub zu gründen.


Zudem schlug Dröge vor, verstärkt das Planungsrecht als Instrument einzusetzen, um mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien voranzukommen, bspw. indem verbindlich zwei Prozent der Landfläche für den Ausbau der erneuerbaren Energien reserviert würden. Daran schloss sich ihr letzter Punkt, die Planungsbeschleunigung, an. Wenn die Menschen schon Steuern zahlten, müssten sie sich auf eine funktionierende Verwaltung verlassen können. Das sei der Job, den die nächste Regierung machen müsse.


Gastredner Johannes Vogel MdB.

Der zweite Gastredner des Abends, Johannes Vogel MdB, stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP und Sprecher für Arbeitsmarkt- und Rentenpolitik der FDP-Bundestagsfraktion, kritisierte, dass das Thema des demografischen Wandels im Wahlkampf viel zu wenig diskutiert worden sei. Mit dem Beginn des Renteneintritts der geburtenstarken Jahrgänge im Jahr 2025 kämen die großen Herausforderungen hier erst noch auf Deutschland zu. Die Große Koalition habe die Stabilisierung des Renten- und Alterungssicherungs­systems durch die Agenda 2010 rückabgewickelt. Zudem bedeuteten die eingeführten „Haltelinien“ Zusatzausgaben in der Gesetzlichen Rentenversicherung von 69 Milliarden Euro im Jahr 2030 und 80 Milliarden Euro im Jahr 2035. Es gäbe – wenn man in klassischen Kategorien denke – nur drei Möglichkeiten, darauf zu reagieren: (1) der Rentenbeitragssatz steige noch stärker, (2) das Renteneintrittsalter werde auf 70 Jahre angehoben oder (3) der Steuerzuschuss in die Rentenversicherung werde immer weiter erhöht. Im Wahlkampf hätten sich alle Parteien um diese Fragen gedrückt. Nur die FDP habe mit der Einführung einer gesetzlichen Aktienrente einen konkreten Vorschlag gemacht, durch den in der gesetzlichen Rente ein zweites, kapitalgedecktes Standbein aufgebaut werden könnte.

Bezüglich der Dekarbonisierung zeigte sich Vogel als liberaler Markwirtschaftler davon überzeugt, dass wir eine bessere Klimaordnungspolitik bräuchten und der sektorübergreifende Zertifikatehandel das beste Instrument sei, um die Klimaziele zu erreichen. Gleichzeitig müssten den Unternehmen weniger Steine in den Weg gelegt werden, sodass sie die Investitionen, die der Transformationsprozess erfordere, auch stemmen könnten. Der Großteil dieser Investitionen müsse schließlich aus der Privatwirtschaft erfolgen.

Als weitere Lehre aus der Corona-Krise betonte er, dass es am Ende immer der Fortschritt sei, der uns Herausforderungen bewältigen lasse, wie derzeit die Entwicklung eines Impfstoffes zeige. Möglicherweise erlebten wir gerade Medizingeschichte, weil die erstmalige Nutzung der mRNA-Technologie vielleicht auch dem Kampf gegen Krebs Vorschub leisten werde. Wäre es nach der „extremen Rechten“ gegangen, hätte es die beiden wichtigsten Deutschen des Jahrzehnts, Özlem Türeci und Ugur Sahin, als Kinder türkischer Einwanderer hier gar nicht geben sollen. Auch nach „den Linken“ hätte es unter anderen Umständen als der Corona-Pandemie wohl kein größeres Feindbild geben können: ein Unternehmerpaar, das in wenigen Jahren durch die Gründung eines inzwischen börsennotierten Unternehmens zu Milliardären geworden sei und mit einem amerikanischen Pharma-Multi kooperiere. Das aber habe uns den Impfstoff gebracht. Er sei der festen Überzeugung, dass auch zukünftig eine offene Gesellschaft, Marktwirtschaft und Unternehmertum die Zutaten für Innovation seien, welche wir dringend bräuchten, um die Megatrends Digitalisierung, Dekarbonisierung und demografischer Wandel zu bewältigen.


Fotos (außer, wenn ander gekennzeichnet): Jens Braune del Angel

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