Eine Gemeinschaft, die für Freiheit, Wettbewerb und Verantwortung steht, die auf verlässlichen Werten und Prinzipien beruht sowie Stabilität und Wachstum fördert, ist zentrale Voraussetzung für den Erfolg des Integrations- und Friedensprojekts Europa. Die fortwährende Staatsschuldenkrise und die induzierten Fehlanreize einiger Euro-„Rettungsaktionen“ gefährden dieses Projekt jedoch mehr denn je: Regelbrüche scheinen immer mehr zur Regel, Marktpreise substanziell verzerrt und vorübergehende Hilfen zu permanenten Transfers zu werden. Eigentlich sollten der Stabilitäts- und Wachstumspakt, die Nichtbeistands-Klausel („No-bailout“-Prinzip) sowie das Verbot monetärer Staatsfinanzierung durch die Europäische Zentralbank (EZB) als zentrale Elemente der gemeinsamen Währungsunion diesen Fehlentwicklungen vorbeugen und ein Abwälzen der Kosten übermäßiger Verschuldung auf andere EU-Staaten ausschließen. Die Nicht-Einhaltung dieser Regeln durch nationale Politiker und europäische Institutionen haben jedoch die Steuerzahler Europas in eine grenzüberschreitende Solidarhaftung getrieben: Mehr als eine Billion Euro Haftungsrisiken wurden mittels Hilfskrediten, Anleihekäufen der EZB und TargetSalden aufgebaut. Allein für Griechenland steht Europa mit über 400 Milliarden Euro in Solidarhaftung.1 Europa gleicht einem Selbstbedienungsladen, von dem sich gleichzeitig immer mehr Europäer abwenden. Solange Entscheidungen und Nutzen national anfallen, Haftung und Finanzierung aber supranational erfolgen bzw. gesucht werden, wird diese Tendenz anhalten. Die EU-Mitgliedstaaten sind nicht zu substanziellen Souveränitätsverzichten bereit, und ein europäisches Schatzamt, wie zuletzt im „FünfPräsidentenbericht“ der EU-Kommission gefordert, bekäme kaum effektive Durchgriffsrechte. Auf dieser Grundlage würde eine europäische Fiskalunion derzeitige Fehlanreize für unsolide und unsolidarisch agierende Staaten nur verstärken. Aufbauend auf dem Konzept „Maastricht 2.0“2 und ergänzt um neue Vorschläge wäre es daher zielführender, das Ausmaß der fiskalischen Solidarhaftung zu reduzieren, bestehende Regeln und Eigenverantwortung zu stärken und Marktverzerrungen zu beseitigen, kurz: Die nachhaltige Währungsunion zu schaffen, die 1998 versprochen worden war.
Argumente zu Marktwirtschaft und Politik Nr. 176
Ehrbarer Staat? Die Generationenbilanz – Das Rentenpaket II
Bernd Raffelhüschen, Sebastian Schultis, Stefan Seuffert, Sebastian Stramka
Berlin, 2024
Details PDF-DownloadArgumente zu Marktwirtschaft und Politik Nr. 175
Was kostet der Sozialstaat?
Bernd Raffelhüschen, Sebastian Schultis, Sebastian Stramka
Berlin, 2024
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