12. December 2017

EU-Nachhaltigkeitsranking 2017

Stabilisierung der Staatsverschuldung auf hohem Niveau: Dank der guten konjunkturellen Lage und der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank schlägt sich der jüngst erkennbare Trend zur Haushaltskonsolidierung auch im EU-Nachhaltigkeitsranking 2017 der Stiftung Marktwirtschaft nieder. Gegenüber dem Vorjahr sind die Gesamtschuldenstände in 19 der 28 EU-Mitgliedstaaten gesunken. Zwar ist im EU-Schnitt eine Verringerung der Nachhaltigkeitslücke um 39 Prozentpunkte festzustellen. Insgesamt leidet Europa aber weiterhin unter einer erdrückenden Schuldenlast von 217 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Spitzenreiter des Nachhaltigkeitsrankings ist 2017 erneut Kroatien. Erstmals seit fünf Jahren kann mit dem Balkanstaat die gegenwärtige Fiskalpolitik eines EU-Mitgliedslands wieder als nachhaltig bezeichnet werden, da das implizite Vermögen die expliziten Schulden übersteigt. 

 

Methode

Das EU-Nachhaltigkeitsranking basiert auf einer ehrlichen Berechnung der Schuldenlast. Die fiskalische Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte in Europa wird auf Basis aktuell vorliegender Finanz- und Wirtschaftsdaten analysiert und die Entwicklung der Staatsverschuldung sowohl im Vergleich zum Vorjahr als auch langfristig dargestellt. Neben den explizit ausgewiesenen Staatsschulden berücksichtigt das Ranking absehbare künftige Defizite der öffentlichen Haushalte (implizite Schulden) bzw. nach geltender Gesetzeslage zwingende Ausgaben, denen keine Reserven gegenüberstehen (z.B. Beamten­pensionen).

 

Ergebnisse

Die meisten europäischen Staaten setzen die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte im Jahr 2017 fort. Die explizite Staatsverschuldung stabilisiert sich, lag aber Ende 2016 nur in 12 von 28 Staaten unterhalb der 60 Prozent-Schuldenstandsgrenze des Stabilitäts-und Wachstumspaktes (SWP). Hingegen haben es 25 Staaten geschafft, ihre aktuellen Haushaltsdefizite unter die 3 Prozent-Defizitobergrenze des Stabilitäts- und Wachstumspaktes zu drück­en.

Neben Kroatien können auch Portugal und Italien ein – allerdings deutlich geringeres – implizites Vermögen ausweisen. Auch fallen deren explizite Schuldenstände wesentlich höher aus. Deutschland kann seine Nachhaltigkeitslücke gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozentpunkte verringern. Die Platzierung des Vorjahres kann somit zumindest gehalten werden: Deutschland verweilt im Ranking auf Platz 9. Angesichts der optimalen Rahmenbedingungen und guten wirtschaftlichen Entwicklung kann man diese Stagnation allerdings auch als Armutszeugnis und miserable Bilanz der Großen Koalition sehen.

Schlusslicht des Rankings 2017 ist Luxemburg, dessen Nachhaltigkeitslücke um 90 Prozentpunkte steigt und so mit Schulden in neunfacher Höhe seiner ausgewiesenen Wirtschaftsleistung konfrontiert ist. Auch in Irland, Slowenien und Belgien führt der Einfluss der demografischen Alterung und des damit einhergehenden Anstiegs der öffentlichen Ausgaben für Renten, Gesundheits- und Pflegeleistungen zu hohen impliziten Schuldenständen. In Spanien, Rumänien und Frankreich ist hingegen die derzeitige Haushaltspolitik Grund der hohen Schuldenstände. Hier müssen dringend Konsolidierungsmaßnahmen ergriffen werden.

 

Fazit

Insgesamt bleibt der Konsolidierungsbedarf weiterhin hoch. Nur ein EU-Staat kann nachhaltige öffentliche Finanzen nachweisen. Selbst in Staaten wie beispielsweise Deutschland, in denen die Lage der öffentlichen Haushalte aktuell scheinbar wenig bedenklich ist, erfordert die langfristige Konsolidierung ehrgeizigere Zielvorgaben oder einfacher ausgedrückt: Nicht mehr kleckern, sondern klotzen!

 



 

 

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