Die in den vergangenen Jahren begonnene Reduktion der Gesamtverschuldung (Nachhaltigkeitslücke) wurde bereits wieder beendet. Die neuesten Ergebnisse der Generationenbilanz offenbaren einen leichten Anstieg der deutschen Nachhaltigkeitslücke auf das Zweieinhalbfache der Wirtschaftsleistung Deutschlands. Wesentliche Ursache dieses Konsolidierungsrückschritts ist das Rentenpaket der Bundesregierung. Problematisch ist darüber hinaus die geplante Pflegereform, welche die Verschuldung noch weiter in die Höhe treiben wird. Beide Maßnahmen gehen zu Lasten jüngerer Jahrgänge und zukünftiger Generationen.
Die Nachhaltigkeitslücke aus expliziten und impliziten Staatsschulden für Deutschland beläuft sich aktuell auf 241 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) (Basisjahr 2012). Umgerechnet entspricht dies der Summe von 6,4 Billionen Euro. Im Vorjahr betrug sie noch 227 % des BIP. Das zeigen die jüngsten Berechnungen der Stiftung Marktwirtschaft und des Forschungszentrums Generationenverträge. Das Gros entfällt dabei nach wie vor auf die implizite, d.h. heute noch nicht sichtbare Staatsschuld. Sie macht 160 % des BIP aus. Dahinter verbergen sich alle durch das heutige Steuer- und Abgabenniveau nicht gedeckten staatlichen Leistungsversprechen, insbesondere der Sozialversicherungen. Der kleinere Teil der Nachhaltigkeitslücke entfällt auf die explizite, schon heute sichtbare und offiziell ausgewiesene Staatsverschuldung (81 % des BIP). „Zur Begleichung dieser Gesamtschuldenlast müsste jeder heute lebende Bürger unabhängig von bestehenden Steuern und Sozialabgaben bis zu seinem Lebensende einen zusätzlichen Betrag von 300 Euro pro Monat an den Staat abführen“, erläutert Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen, Vorstandsmitglied der Stiftung Marktwirtschaft.
Hauptursache für den Anstieg der Nachhaltigkeitslücke ist das Rentenpaket der Großen Koalition. Seine Kosten belaufen sich auf 10,7 Prozent des BIP oder 285 Mrd. Euro. Hiervon entfallen etwa 115 Mrd. Euro auf die Mütterrente und 61 Mrd. Euro auf die Rente mit 63. Mit der von der Großen Koalition beschlossenen Aufweichung der Rente mit 67 werden die in der Vergangenheit erzielten Rentenreformerfolge teilweise wieder zunichte gemacht und neue Privilegien für einzelne Jahrgänge geschaffen (Rente mit 63). Die Mütterrente wiederum bürdet den Beitragszahlern die Finanzierung versicherungsfremder Leistungen auf.
Die großen Gewinner des Rentenpakets sind die Jahrgänge 1950 bis 1960. Die Jahrgänge 1965 und jünger werden einseitig durch das Rentenpaket belastet. Sie werden mit höheren Beiträgen für die Finanzierung des Rentenpaketes aufkommen müssen, ohne von den meisten Leistungsverbesserungen profitieren zu können.
Zusätzliche Belastungen erwarten die Jüngeren als Folge der geplanten Pflegereform. Die langfristigen Kosten der Leistungsverbesserungen durch die erste Stufe der Pflegereform (Pflegestärkungsgesetz I) belaufen sich auf 7,2 Prozent des BIP oder 192 Mrd. Euro. Die Einführung des Pflege-Vorsorgefonds hat nur einen geringen Effekt auf die Nachhaltigkeit der Pflegereform. Er führt allerdings zu einer gleichmäßigeren intergenerativen Verteilung der Finanzierungslasten. Unter dem Strich sind die jüngeren Jahrgänge und die zukünftigen Generationen aber auch die Verlierer der Pflegereform.
„Entgegen den gegenwärtigen Bekundungen zahlreicher Finanzpolitiker der Großen Koalition ist die fiskalische Lage keineswegs rosig. Legt man mit der Nachhaltigkeitslücke eine realistische Messlatte an die öffentlichen Haushalte an, dann hat sich der Konsolidierungsbedarf seit dem letzten Jahr sogar erhöht“, schlussfolgert Raffelhüschen.
Dr. Susanna Hübner
Leitung Kommunikation, Medien und Ordnungspolitik
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